In dem Strafverfahren gegen eine 27jährige Frau und einen 25jährigen Mann aus Ludwigshafen a. R. hat die dritte Große Strafkammer des Landgerichts Frankenthal heute am insgesamt zwölften Verhandlungstag die Angeklagten wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von jeweils drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte Freiheitsstrafe von acht Jahren für die weibliche Angeklagte und von vier Jahren für den männliche Angeklagten u. a. wegen schweren sexuellen Missbrauchs gefordert. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Den Angeklagten lag zur Last, im Oktober 2018 in Ludwigshafen am Rhein ihren gemeinsamen, zu diesem Zeitpunkt erst sieben Wochen alten Sohn auf verschiedene Art, auch sexuell, schwer misshandelt zu haben. Der Säugling hatte schwerste Verletzungen im Rektal- und Genitalbereich sowie diverse Schädel- und Rippenfrakturen erlitten und war lebensgefährlich verletzt. Beide Angeklagte waren zuvor noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.
Die Kammer hat im Rahmen der Beweisaufnahme zwei Sachverständige und insgesamt 24 Zeugen gehört. Hiernach steht für die Strafkammer fest, dass die Eltern den Säugling jeweils dadurch misshandelt haben, dass sie es unterlassen haben, die schädigende Behandlung durch den jeweils anderen Elternteil zu verhindern. Ein sexueller Missbrauch des Säuglings war den Angeklagten nach Auffassung der Kammer darüber hinaus ebensowenig nachzuweisen, wie die Zufügung einzelner, insbesondere der schweren Verletzungen durch aktives Tun an jeweils eine der beiden angeklagten Personen. Es gelte der Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten". Jugendamt und Kinderarzt sei im Übrigen in dieser Sache kein Vorwurf zu machen. Die Betreuung der Familie im Vorfeld sei engmaschig gewesen.
Frankenthal, den 25. Oktober 2019
Christian Bruns
Richter am Amtsgericht -stVDirAG-
Medienreferent
Ergänzung:
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil mit Beschluss vom 17.03.2021 (Az. 4 StR 155/20) aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an eine Jugendschutzkammer des Landgerichts Landau zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss Rechtsfehler bei der Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" festgestellt und zudem beanstandet, dass das Merkmal der "Böswilligkeit" von der Kammer nicht hinreichend festgestellt worden sei. Das Landgericht Landau muss nun erneut über die Vorwürfe entscheiden.
Philipp Sturhan
Richter am Landgericht
Pressesprecher
Frankenthal, den 08.07.2021